Wie aber kommt man zu Erfolgen? – Teil 5

Damit sind wir bei einem Teil unserer Betrachtungen angelangt, der eingehender Erörterungen bedarf. Bisher war bevorzugt von Arten die Rede, also von Pflanzen, wie sie die natürliche Evolution geschaffen hat und wie sie am heimatlichen Standort zu finden sind. Schon in der Natur findet man Variationen, die durch die geschlechtliche Vereinigung zweier Arten entstanden – die sogenannten Naturhybriden. Diese Vereinigung ist aber nur möglich bei gleichzeitiger Blüte in naher Nachbarschaft. Da die Bestäubung der Orchideen ausschließlich durch Insekten erfolgt, sind einer Fremdbestäubung auf weite Entfernungen und bei unterschiedlicher Blütezeit Grenzen gesetzt. Diese Grenzen überwindet Menschenwille und Menschengeist durch die gemeinsame Pflege von Gattungen und Arten auf engstem Raum, die in der Natur räumlich weit voneinander getrennt sind. Durch Konservierung des Pollens, der auf Monate hinaus aktiv bleibt, wird auch die differenzierte Blütezeit überwunden. Die entstehenden Bastarde (dieses unschöne Wort muß hier einmal gebraucht werden) können nun bestimmte Eigenschaften der Eltern vereint aufweisen und in vieler Hinsicht weitgehend verändert sein. Ihr Wert für den Berufsgärtner ist unbestritten, da in der Steigerung beispielsweise der Blütengröße, mit der Veränderung der Farbe oder Blütezeit erheblicher wirtschaftlicher Nutzen entstehen kann. Der Botaniker schätzt Hybriden aus bestimmten Erwägungen heraus weniger. Der Orchideenfreund wird sich nach dieser oder jener Richtung hin orientieren. Unverkennbar ist jedoch der Reiz, der in dem Bemühen liegt, die Erscheinungsformen der Natur zu verändern, die bestehenden Gesetzmäßigkeiten in der Vererbung kennenzulernen, aber auch die Grenzen festzustellen, welche die Natur gezogen hat. Die Auffassung, Hybriden seien weniger widerstandsfähig, ist unzutreffend. Im Gegenteil kann oft eine Steigerung positiver Eigenschaften festgestellt werden – wie z.B. erhöhte Wuchsfreudigkeit und sicheres Blühen.

Ein weiterer Ausbau, eine Vervollständigung bestehender Orchideensammlungen kann auch durch den Erwerb von Importpflanzen erfolgen. Für den Anfänger scheidet eine solche Möglichkeit aus. Die Eingewöhnung dieser, aus ihrer Umwelt mit Gewalt herausgerissenen Pflanzen bedarf besonderer Aufmerksamkeit und Erfahrung. Über ihre Behandlung wird in dem entsprechendem Abschnitt eingehend berichtet. Früher war der Import von Orchideen verlustreich, die Pflanzen kamen durch die lange Reise sehr geschwächt in Europa an und erholten sich nur langsam. Das über die ganze Welt verbreitete Luftfahrtnetz ermöglicht jetzt einen raschen Transport und damit eine relativ gute Beschaffenheit der Pflanzen beim Eintreffen am Bestimmungsort. Die mit dem Fachausdruck „Etablierung“ bezeichnete Eingewöhnung in die neuen Umweltbedingungen wird dadurch günstiger.

Zusammenfassend sei nochmals gesagt, wer welche Orchideenpflanzen pflegen sollte:

  • der Anfänger: Kräftige Pflanzen einfach zu pflegender Arten in blühfähiger Größe mit einheitlichen Temperatur- und Lichtansprüchen,
  • der Fortgeschrittene: Jüngere, halbentwickelte Pflanzen, Arten mit höheren Pflegeansprüchen und differenziertem Wärme- und Lichtbedarf,
  • der Erfahrene: Jungpflanzen zur Weiterkultur, Rückbulben und Importpflanzen. Pflanzenfenster, Vitrine oder Kleingewächshaus unbedingt erforderlich,
  • der Perfekte: Arten mit besonders hohen Ansprüchen, eigene Aussaaten und kleinste käufliche Jungpflanzen. Züchtungsversuche. Gewächshaus oder große Vitrinen mit Regeltechnik unbedingt erforderlich.

In dem Abschnitt „Beschreibung der wichtigsten Orchideengattungen und -arten“ sind diejenigen Orchideen verzeichnet, bei denen Aussicht auf Erfolg in der Pflege unter den genannten Voraussetzungen besteht. Alle Ratschläge und Hinweise müssen jedoch einseitig bleiben; entscheidend ist die eigene Erfahrung.

Erfolge oder Mißerfolge haben gerade in der Orchideenpflege vielerlei Ursachen, die u.U. nicht ohne weiteres erkennbar sind. Es ist durchaus möglich, daß manches hier Gesagte gelegentlich durch gegenteilige Ergebnisse widerlegt werden kann. Man erlebt unwahrscheinliche Erfolge, die ohne jegliches Mühen enstanden sind. Das Gegenteil ist leider häufiger der Fall. Für den Anfänger sind teilweise Mißerfolge unausbleiblich, für den Fortgeschrittenen möglich und selbst für den perfekten Pfleger denkbar. Man sollte jedoch solche Mißerfolge nicht einfach hinnehmen, sondern ihren Ursachen nachspüren. Häufig wird man zu der Erkenntnis kommen, daß neben Behandlungsfehlern der Grund in der Wahl ungeeigneter Arten zu suchen ist. Orchideen sind in verhältnismäßig großem Umfang anpassungsfähig; es gibt jedoch auch hierin Grenzen. Erst im längeren Umgang mit ihnen wird man ihre Ansprüche sicher erkennen und bestmöglich erfüllen können.

Dodaj komentarz

Twój adres e-mail nie zostanie opublikowany. Wymagane pola są oznaczone *